Ironie ist Schweben ist Ironie



Die Schulweltverbesserer

Gedanken und Beobachtungen des pädagogischen Nachwuchses

Montag, 14. Januar 2008

Mein Bildungsweg

In Cervantes' Don Quijote ist wie in keinem zweiten Buch dargestellt, wie schmal der Grad zwischen Ernsthaftigkeit und Lächerlichkeit sein kann. Das Tolle am Ritter von der traurigen Gestalt ist, wie er sich und seinen Überzeugungen durch alles, was er erlebt und aller Lächerlichkeit, der er ausgesetzt wird, treu bleibt. Und seine anfängliche Lächerlichkeit gewinnt im Verlaufe des Buches immer mehr Bewunderung, wenngleich sie letztlich lächerlich bleibt, das sollte man nicht vergessen. Aber er bewahrt seine Tugenden, sie sind ihn ihm das geworden, was sie im besten aristotelischen Sinne werden sollen: Haltungen, aus denen heraus er lebt. Dass die natürlich in der Welt, in der er lebt, nicht mehr zeitgemäß sind und deswegen tragisch-lächerlich, ist eine andere Geschichte. Mir stellt sich an diesem Punkt gerade die Frage: ist der Lehrer, der einer noch unwissenden und unmündigen Generation elementare Kulturtechniken und "Bildung" vermitteln will, um ihnen Kompetenzen und Wissen zum selbstständigen und selbstdenkenden Leben an die Hand zu geben, noch zeitgemäß? Oder kämpft er einen schon verlorenen Kampf (gegen die Windmühlen)?
Ich muss zugeben, dass ich im Studium so weit weg war von Schule wie noch nie in meinem Leben, auch in allen Beschäftigungen mit der Pädagogik und Didaktik. Und das war gut so. Was ich dort lernte und dachte, hat mit dem Leben in der Schulpraxis so viel zu tun wie Don Quijotes Ritterromane mit seiner Lebenswelt. Und doch glaube ich, dass es mir in den nächsten Jahren helfen wird, weil es mich gestärkt und gebildet hat. Weil es mir eröffnet hat, welche Möglichkeiten der Raum Schule und der Versuch zu bilden und zu erziehen, bieten kann. Weil ich momentan glaube, dass sich eine existierende Wirklichkeit nur gestalten und verändern lässt, wenn man selber voller Möglichkeiten und Ideen steckt, wie es anders sein könnte. Und weil diese Möglichkeiten einen selbst dann noch trösten, wenn die Wirklichkeit sich nicht ändern lassen will. Ich gehöre nicht zu denen, die sich über den fehlenden Praxisbezug im Studium beklagen - es hat mich immer geärgert, dass die Leute (die meisten Lehramtsstudenten) nicht sehen wollen, dass ein Studium erst einmal eine Selbstbildung ist und Theoretisieren und Forschen geradezu verlangt, um dieser Praxis wirklich adäquat und neu begegnen zu können. Das Studium ist zur Ausbildung des Möglichkeitssinnes dar. Eine Deutschlehrerin sprach einmal davon, dass das im Studium erworbene Wissen eine Art Humus darstellt, von dem man sein Leben lang profitiert. Das sind Auszüge aus den Überzeugungen, auf denen ich mich gerade bewege. Ich bin sehr gespannt, wie ich dazu in einem Jahr und in zwanzig Jahren stehe. Ich hoffe, dass ich sie nicht nur belächele, sondern auch eine Kontinuität erkennen kann. Dass ich in der Bildung dann immer noch einen Wert sehe und meine Schüler gelegentlich durch meine thematische Vermittlung, aber hoffentlich noch mehr durch meine Haltung davon ein Beispiel geben kann. Ich bin sehr gespannt, aber ich freue mich auch. Ich hatte das große Glück, im Studium ganz viele tolle Menschen kennen zu lernen, die teils in pädagogischen, teils in anderen Fächern eine unglaubliche Leidenschaft und Engagement für ihre Sache an den Tag legten und ebensolche oder oft sogar noch viel waghalsigere Traumtänzer sind. Das ist das, was ich vorerst mitnehme, wenn ich im Februar meine ersten Klassen an einem Gymnasium übernehme. Ich bin sehr neugierig, voller Vorfreude und Elan, nehme aber auch die Skepsis von an ihrem Beruf verzweifelnden Lehrern dankbar auf am Beginn meines Erfahrungsweges.

Keine Kommentare: