Ironie ist Schweben ist Ironie



Die Schulweltverbesserer

Gedanken und Beobachtungen des pädagogischen Nachwuchses

Dienstag, 22. April 2008

Neue Erfahrungen

Gestern die erste Lehrprobe und heute der erste Tag mit fünf Stunden eigenem Unterricht. Ein Vorgeschmack auf den späteren Alltag. Erstaunlich guter Auftakt gestern. Ich meine, vor allem aufgrund der guten Vorstrukturierung. Für die Schüler war es eine etwas ungewöhnliche Stunde, weil man in einer solchen Situation sehr viel vorbereitet und vorgibt und so den Schülern nur noch relativ geschlossene Aufgaben gibt, auch für die Gruppenarbeit. Ergebnis davon war, dass entgegen aller Erfahrung die Gruppen sogar weniger Zeit brauchten als ich angedacht hatte und ich mit dem ganzen Stundenziel schon noch gut 35 min. fertig war (inklusive der Reflexion). Dann war die improvisierte Kunst des Unterrichtsgespräches gefragt - noch nie vergingen mir 45min. so langsam und am Ende musste ich wirklich zaubern, um das Gespräch und die Spannung aufrecht zu erhalten, zugleich aber die Ergebnissicherung nicht aus dem Auge zu verlieren. Insgesamt hat das ganz gut geklappt. - Unglaublich aufschlussreich dann auch die 45min. Nachbesprechung, in der man die Beobachtungen von mehreren Leuten mitgeteilt bekommt und das mit den eigenen Eindrücken vergleichen kann. Und erstaunlich war auch nach dieser sehr offenen und kritischen Besprechung, zwar fanden sich im Detail noch zig Probleme, Mängel und Verbesserungsmöglichkeiten, aber der Gesamteindruck aller war durchweg positiv. Das stärkt und ich habe sogar das Gefühl vor den Schülern ein bisschen mehr Sicherheit gewonnen zu haben seit gestern. So langsam verwächst man vielleicht mit der Rolle, die man gerade anfangs doch noch ziemlich oft spielen muss.

Sonntag, 20. April 2008

Der Unterricht als Handlung der Lehrperson.

Eine Handlung definiert sich von der Intention eines Handlungswilligen her. Diese Absicht ein bestimmtes Ziel zu erlangen, ist der Ausgangspunkt für die Bewegung der Handlung selber. Eine Absicht wird ins Auge gefasst und die Handlung darauf hin ausgelöst. Ich habe die Absicht das Licht anzumachen und drücke deswegen den Lichtschalter. Neben der geplanten Absicht kann meine Handlung aber noch ganz andere Wirkungen nach sich ziehen: beim Einschalten könnte der Glühfaden der Birne reißen oder durch das Licht wird ein Einbrecher gewarnt und verscheucht oder eine Mücke wird angelockt. Weil ich mir nicht darüber im Klaren war, dass meine Handlung dazu führt, dass die Birne kaputt geht oder ein Einbrecher verjagt wird, können diese Folgen nicht als Absicht meiner Handlung gesehen werden, sondern sind unbeabsichtigte Folgen einer bis zu einem gewissen Punkt absichtlichen Handlung. Die Argumentation folgt in ihrem bisherigen Gang den Überlegungen Davidsons. Arendt hat bereits früher das Problem der unbeabsichtigten Handlungsfolgen gesehen und noch radikaler beschrieben. Für Arendt sind Handlungen der Anstoß einer Kette von beabsichtigten und unbeabsichtigten Folgen, die endlos ist. Es gibt kein Ende von Handlungsfolgen, sondern der durch die Handlung in das Netz zwischenmenschlicher Beziehungen geschlagene Faden webt sich potentiell endlos weiter.

Was hat das mit Unterricht und Lehren zu tun?

Ein Eindruck meiner ersten Schulwochen ist, dass trotz aller offenen Unterrichtsformen, aller Beteiligungen der Schüler am Unterrichtsgeschehen der Unterricht selber letztlich doch eine Handlung der Lehrperson darstellt. Diese entwirft eine Absicht, ein Ziel und plant den Unterricht anschließend als Weg zur Erreichung dieses. Mit anderen Worten: der Lehrer mag sich überlegen, dass sein Unterrichtsziel nichts weiter ist, als eine Art Licht anzuschalten, der Weg dorthin ist jedoch vertrackter und die Frage nach der Einlösung der Absicht nahezu unbeantwortbar. Die oben beschrieben Handlung ist eine sehr einfache Handlung. Ich habe die Absicht das Licht anzumachen, gehe daher zum Lichtschalter und knipse es an. Lehrpersonen haben auch Absichten, mit denen sie in ihren Unterricht gehen. Jedoch sind diese komplizierter, der Weg zu Erreichung dieser differenzierter und die Frage nach der Überprüfbarkeit der Erreichung bleibt offen. Hinzu kommt, dass vielleicht nicht nur die Absicht, sondern darüber hinausgehende Folgen erreicht werden, die endlos weiter wirken könnten. So könnte ich als Lehrer eine Stunde mit der Absicht planen, den Schülern den Autor Kafka vorzustellen und ihnen einen analytischen Zugang zur Erschließung eines ausgewählten Kafkatextes an die Hand zu geben mit dem letztendlichen Ziel, die Schüler für Kafka sensibilisiert zu haben. Dieses Beispiel zeigt schon, wie kompliziert eine Handlungsabsicht im Unterricht ist. Würden jetzt Gedanken über den Weg der Stunde folgen, erhöhte sich diese Komplexität der Unterrichtshandlung weiter. Und denkt man an die Überprüfbarkeit, dann wird es fast aussichtslos. In der oben beschriebenen Handlung ist die Überprüfung einfach: geht das Licht nach dem Umlegen des Schalters an, weiß ich, dass meine Handlung von Erfolg gekrönt war. – In der Schule habe ich leider nicht solche Lampen in den Köpfen der Schüler, die mir signalisieren würden, ob ich meine Absicht erreicht hätte. Ja, ich habe noch nicht mal einen einfachen Schalter, den ich bei ihnen drücken müsste, um mein Ziel zu erreichen. Sowohl Weg als auch Überprüfbarkeit sind unendlich komplizierter, weil die Handlungen des Lehrers sich auf Subjekte beziehen, die in ihrem Agieren und Reagieren unvorhersehbar und frei sind. Da ich meine Absicht als Lehrer an selbst handelnden Subjekten vollziehe und nicht an Gegenständen, bleibt die Erreichung meiner Absicht immer offen. Lehren führt nicht folgerichtig zu lernen. Obwohl die Absicht von Lehren immer das Lernen der Schüler bleibt, so kann es dieses doch nicht erzwingen, sondern kann es allenfalls erhoffen. Der letzte Schritt bleibt beim Lernenden selber. Der Lehrhandlung des Lehrenden muss er durch die Absicht des Lernens entgegenkommen. D.h. der Schüler wird unter Umständen selber zum Handelnden - aus der Absicht heraus, zu lernen. Dies jedoch kann der Lehrer in seiner Unterrichtshandlung nicht einplanen. Ob der Schüler eine Lernhandlung beabsichtigt, bleibt dem Lehrer prinzipiell unzugänglich. Auch wenn er zig Strafen und Belohnungen verspricht. Das Lernen ist eine eigene Handlung und dem Einfluss des Lehrers entzogen. Dieser zieht sich zurück auf die Absicht des Lehrens und gestaltet den Unterricht als Ausdruck des Weges seiner Intention.

Der Unterricht als Handlung der Lehrperson heißt, dass es letztlich einzig und allein der Lehrer ist, der eine Absicht überlegt und den Unterricht danach als seine Handlung zu Erreichung dieser Absicht plant und durchführt. Ob und inwieweit er die Schüler an der Durchführung der Handlung beteiligt, ist allein seine Entscheidung. Er führt die Regie. Das gleiche gilt von der je individuellen Lernhandlung jedes Schülers. Nur das diese nicht den Unterricht als Handlung hat (den hat ja bereits der Lehrer), sondern vordergründig den eigenen Rezeptionsprozess im Rahmen einer von außen nicht einsehbaren Handlung.

Dienstag, 15. April 2008

So etwas wie stolz

In Deutsch unterrichte ich vier Stunden pro Woche in eigenverantwortlichem Unterricht eine 7.Klasse, vor der ich im Vorfeld gewarnt wurde, sie seien sehr lebhaft und störrisch. Jetzt unterrichte ich sie seit gut zwei Monaten und kann sagen, dass es von Tag zu Tag mehr Spaß macht, sich die Vorurteile zu keiner Zeit bestätigt haben und ich die Klasse und ihre Charaktere mittlerweile richtig lieb gewonnen habe. Vorläufiger Höhepunkt ist das Lesetagebuch. Über die Osterferien hatte die Klasse den Auftrag das Buch "Der gelbe Vogel" zu lesen und ihre Lektüreeindrücke und persönlichen Gedanken dazu begleitend in einem Lesetagebuch aufzuschreiben. Dieses gaben sie nach den Ferien ab, ausdrücklich hatte ich ihnen gesagt, dass die dsa Tagebuch für persönliche Eindrücke und nicht zur Inhaltsangabe nutzen sollen. Bei den allermeisten hat das auch geklappt, naturgemäß ist die Qualität der Arbeiten sehr unterschiedlich, aber ich habe eine überraschend große Menge von unglaublich tollen Arbeiten bekommen. Schüler, die ein ganzes A5 Heft vollgeschrieben haben mit ihren EIndrücken und dabei so tolle Gedanken und Beobachtungen treffen, dass es mir einen riesigen Spaß macht, es gerade zu lesen und zu bewerten. Es beeindruckt mich, mit welchen Eifer und Interesse die Schüler bei der Sache waren, obwohl sehr viele stöhnten, als sie diesen Auftrag bekamen. Man merkt vielen Arbeiten eine richtige Eigendynamik an: die Schüler schienen dankbar sich so mit ihren Gedanken zum Buch austoben zu können. Das ist so schön, wenn man sieht, wie Ideen, die man hat, fruchten. Jede didaktische Entscheidung ist ja immer ein Wagnis. Die Entscheidung für ein bestimmtes Buch und die Entscheidung für bestimmte Methoden der Auseinandersetzung mit diesem ist gerade zu beginn immer ein Testballon. Umso schöner, wenn man sieht, was man mit seinen ENtscheidungen bei Schülern auslösen kann. Wie man ihren GEIST erwecken kann. So stiftet Schule SInn für alle beteiligten. Das ist, ich kann es nur nochmal sagen, einfach schön!

Montag, 7. April 2008

Ein gutes oder schlechtes Zeichen?

Ich habe meiner 7. über die Ferien einen Leseauftrag gegeben. Zu dem Buch, was sie zu lesen hatten, sollten sie ein Lesetagebuch führen, in dem sie zu jedem Kapitel einen persönlichen Eindruck niederschreiben. Das Lesetagebuch habe ich heute eingesammelt. Zusätzlich dazu habe ich noch einen Lektüretest geschrieben, der überprüfen sollte, ob sie das Buch gelesen haben. Natürlich ist das in Verbindung mit dem Lesetagebuch ein Doppelgemoppel. Andererseits, dachte ich mir, ist es für diejenigen, die es gelesen haben, kein Problem mit dem Test eine gute Note zu bekommen. Nun werte ich die Tests, die aus Ankreuz- und kurzen Textfragen bestanden aus. Es gibt nur 1 und 2. Sogar mehr Einsen. Im Nachhinein kommen mir meine Aufgaben teilweise
vielleicht als zu einfach formuliert vor, andererseits sollte der Test ja auch nur die Lektüre überprüfen und wenn alle das Buch gelesen haben, dürfen doch nur solche Noten rauskommen, oder? Welchen Wert hat die Note dann noch für den Einzelnen? War das Quatsch? Ich gehe mit ziemlich hoher Gewissheit davon aus, dass alle das Buch gelesen haben. Weil einerseits die Lesemotivation in diesem Alter noch vorhanden ist, es außerdem ein sehr schönes Buch war (Der gelbe Vogel) und andererseits durch den Lesetagebuchauftrag notwendige Voraussetzung war, das Buch zu lesen. Und jetzt vergebe ich reihenweise sehr gute Noten, auch an eher schwächere Schüler und schon fühlt man sich seltsam dabei, als würde man das Niveau versauen. Aber dabei sollte es doch Belohnung sein, oder?