Nie konnte ein einzelner Mensch soviel Informationen speichern wie heute. Doch wie damit umgehen, ohne die Übersicht zu verlieren, ohne in Schwindel und Ohnmacht zu fallen angesichts der drohenden Aussichtslosigkeit die Orientierung zu behalten? Wir wachsen zu, wie in einem dicken Dschungel und können uns nur mühsam Schneisen schlagen, ohne aber zu wissen, ob die uns irgendwo hinführen. Speichern allein reicht nicht. Es geht auch um Kultivierung. In gewissem Sinne dann doch wieder aus dem Dickicht, das täglich wächst, einen Nutzwald, einen Nutzgarten anzulegen. Noch möglich in dieser Masse? Mut zum Löschen? Vergessen wollen kann man nicht. Erinnern hängt aber immer an Gegenständen, Personen und Orten. Man kann diese Löschen. Die unnütze Musik löschen, die unnützen Fotos löschen. Aber wer bestimmt, was unnütz ist?
Können wir unser Vergessen und Erinnern steuern wie nie?
Unser Computer.
Mit unserer Musik
Unseren Filmen, all unserem geschriebenen Dingen, privaten und öffentlichen, mit allen Fotos, alle aufgehoben und dann die Frage: Wer bin ich?
Die Gesamtheit der Ordner und Dokumente meiner Eigenen Dateien?
Die Identität im Computer aufgehoben.
Drei Bedeutungen hat das Wort aufheben, wie Hegel uns immer schon einhämmerte: Verbleiben, Verbessern, Verschwinden.
Das bin ich? Alles abgespeichert irgendwie. Wenn ich die Dokumente öffne, begegnen mir manchmal vergessene Welten. Das ist schön, sich so einfach wieder finden zu können – wenn man alte Tagebuchnotizen in irgendeinem Unterordner zufällig wieder findet.
Manche sind vielleicht geordneter auf ihrem Rechner. Ich versuche es alle Jahre wieder, das Ergebnis ist, dass ich mittlerweile immer mehr Ordner mit immer mehr Unterordnern habe wo sich alles befindet, was ich irgendwie bin. Immerhin habe ich das meiste davon geschrieben. Hingegen die Musiksammlung. Masse, viel mehr als ein Mensch je hören kann, vielmehr als ein Mensch sich je Erinnerungen zu den Liedern herausbilden kann. Nur dann aber ergeben die Lieder doch einen Sinn, wenn das Hören ein Wiederhören ist, ein Wiedererinnern.( Man denke an Platons Menon.) Die Fotos, Oh je, ich sollte meine Festplatte vielleicht mal kanonisieren: nach dem Beispiel der ganzen Editionen die seit der Süddeutschen Zeitung Bücheredition übers Land kamen: so ein Best of meiner Eigenen Dateien. Das ist er, dargestellt in 50 Word-Dokumenten. Oder 50 Fotos oder 50 Songs. Festnageln einer Identität…
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